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Dienstag, 7. April 2015

Die Supermarkt-Gesetzmäßigkeit

Als ich hier einzog, betrachtete ich eine Begebenheit als absoluten Glücksfall. Etwa hundert Meter und einen Seitenschlenker von meiner Haustür entfernt, befindet sich ein Supermarkt. Für mich fußfaulen und sehr bequemen Menschen ein Geschenk des Himmels. Frische Brötchen zum Frühstück, Zigaretten kurz vor 22 Uhr und vor allem, kein Kaffee-Supergau im Morgengrauen! Denn herrscht doch einmal aus natürlich unvorhersehbaren Gründen Ebbe in der Kaffee-Dose, heißt es nur, auf in die Hose und spätestens zehn Minuten später kocht die Espresso-Kanne wieder mit Volldampf.

Tja, so hatte ich mir das vorgestellt, bis ich in die harte Realität ohne den morgendlichen Schluck Koffein aufbrechen musste. Nicht, dass der Supermarkt nicht geöffnet, nicht gut sortiert und nicht groß genug für die einkaufswütige Meute wäre. Nein, ganz anders. Die Regalflächen einzelner Produkte – vornehmlich dieser, die ich bevorzuge oder gerade neu für mich entdeckt habe - sind aus ungegebenem Anlass manchmal einfach Tage lang leer. Also so richtig leer. Da rollen Heuballen durch die Ablage, da gähnt das Regal und die Sehnsucht gaukelt dir eine Dauerwarteschleife vor – allerdings ohne musikalisches Intermezzo und ohne Telefonhörer.

So verhält es sich auch mit meinem Espresso - dem ich übrigens nur verfallen bin, weil eines Tages tatsächlich das gesamte Espresso-Regal fristlos aus seinen Diensten entlassen wurde. Nur dieser eine kleine Zwerg war übrig. Mir bis heute unverständlich.

Nun gut, so bin ich notgedrungen dazu gezwungen, Espresso-Hamstereinkäufe zu tätigen. Meinen Weg zur Kasse bahne ich mir also stets an diesem für mich so lebenswichtigen Regal vorbei und linse nach der so dringend benötigten Dosis. Steht da mein Allerheiligstes für den Start in den Tag, was tatsächlich alle zwei Wochen, auf gut drei Packungen verteilt, vorkommt, greife ich zu - egal, wie viele Packungen sich schon zu Hause türmen. Denn eines weiß ich ganz genau, herrscht Ebbe in meiner Kaffee-Dose, herrscht auch Ebbe im Supermarktregal. Das ist meine persönliche Supermarkt-Gesetzmäßigkeit.

Jetzt denkt man sich, was will die denn? Gibt ja wirklich Schlimmeres! Und ja, das kann ich nur bestätigen.

Vor zwei Wochen zum Beispiel dürstete es mich nach Berliner Weiße. Ich kaufte also die grüne Flasche Sirup und zwei von den putzigen Bierflaschen. Sehr, sehr lecker! Doch schnell wurde mir klar, dass mein Nichtsinn für Liter- (wahlweise auch Meter-)Verhältnisse mich wieder einmal betrogen hatte. Die putzigen Fläschchen füllten nur gut zwei Gläser, der klebrige Sirup aber wollte mehr. Also stiefelte ich tags darauf in meinen Supermarkt des Vertrauens (gerne auch des Grauens), um mal wieder völlig aus den Wolken fallend festzustellen: Berliner-Weiße-Bier jibt’s nüscht, is alle, hamse wechjemacht. Trübsinnig vertagte ich meinen Durst – nichts ahnend, dass der Espresso-Teufelskreis jetzt auch die Berliner Weiße befallen hatte.

Wie bereits geschrieben, spielte sich das alles vor zwei Wochen ab. Vor einer Woche dann hatte ich genug und kaufte so ein vorgemischtes Sixpack. Irgendwie nicht das Wahre und der Sirup im Kühlschrank jammerte auch immerzu nach seinem Einsatz ...

Heute dann spuckte ich mir einmal über die Schulter, warf hinter die andere Salz und war mir ganz sicher, dass Berliner-Weiße-Bier eben im Zwei-Wochen-Rhythmus geliefert wird. Doch wieder einmal war mir die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, als ich feststellen musste, dass nur das in ebenfalls putzige Flaschen abgefüllte Berliner Kindl an die Stelle der Berliner Weiße gerückt war.

Doch ich und der Sirup werden den Kampf nicht aufgeben, wir sind zäh, vom Dreißigjährigen Krieg haben wir immerhin schon gelesen. Und ich bin in dieser Supermarkt-Gesetzmäßigkeit wirklich erprobt, denn wer glaubt, es handelt sich hier nur um die Espresso-Bier-Gier, der hat weit gefehlt.

Nehmen wir doch mal dieses Kürbiskernbrot, das täglich frisch und dampfend aus dem Backautomaten fällt. Ich korrigiere, fallen soll. Sobald ich Interesse an ihm hege, ist das Fach leer und der Backautomat auch. Wie soll es denn auch anders sein?! Wenn ich dann einige Tage lang das Brotregal zu jeder Stunde ausspioniere, verschwindet manchmal sogar der Produkthinweis. Der Moment aufzugeben, doch dann, ganz urplötzlich liegen sogar zwei Laibe an eben noch verwaister Stelle. Wahnsinn. Am Tag vor Ostern hegte ich sogar den Gedanken beide mitzunehmen, was ich dann aber doch als puren Futterneid abtat. Hätte ich mal machen sollen, denn am Tag nach meinem Kürbiskernfest lag nur noch ein kleiner Krümelrest im Brotkorb und ich musste die nächsten 24 Stunden nach dem Fressgelage hungern.

Bevor diese persönliche Supermarkt-Gesetzmäßigkeit aber noch eine entscheidende Rolle auf meiner Waage spielen würde, entschied ich mich heute – weg vom Brot (war ja auch keins da), auf zum Gemüse. Genaugenommen Lauchgemüse. Mmh lecker, dachte ich mir bei dieser formidablen Eingebung und wanderte in die Gemüse-Abteilung. Und was erspähte ich links von den vollgepackten Zucchini-Kisten, rechts neben dem gutsortierten Kohl-Angebot und unter der wirklich vielfältigen Pilz-Auswahl. Eine leere Lauch-Kiste. Wie soll es auch anders sein?! Zum Schreien!

Freitag, 11. Oktober 2013